Ostösterreichischer Grenzlandweg
Von Nickelsdorf über Halbturn, Frauenkirchen und Illmitz geht es übern Neusiedler See nach Mörbisch (Etappe 21, 22, tw 23).
Wir sind jetzt schon das dritte Jahr am Österreichischen Weitwanderweg 07 unterwegs. Haben wir uns fast zwei Jahre mit dem Thayatalweg im nördlichen Waldviertel befasst, ging es im heurigen Frühjahr am Weinviertler Grenzlandweg hurtig von Retz über Wien nach Hainburg. Seit ein paar Etappen befinden wir uns nun schon auf der südlich von Hainburg gelegenen Via Pannonia und unsere bis einschließlich heute gegangenen Gesamtkilometer schlagen mit über 450 km zu Buche (ehrlicherweise muss aber erwähnt werden, dass wir die 16. Etappe über die Donauinsel aus Gründen der Abwechslung gelaufen sind). Das Ziel ist Bad Radkersburg und es wird uns noch einige Zeit beschäftigen dort anzukommen.
Für dieses Wochenende haben wir uns die Strecke von Nickelsdorf bis Illmitz vorgenommen und wenn das Wetter mitspielt, wollen wir auch mit der Fähre ans andere Ufer des Neusiedler Sees nach Mörbisch übersetzen, damit wir später im Jahr unabhängig vom Fährverkehr weiter nach Süden wandern können.
Über Bruck an der Leitha erreichen wir am Vormittag dieses sonnigen Samstags mit der S60 und dem REX9415 Nickelsdorf und stellen dort bald fest, dass es hier offensichtlich “die letzte Jazz-Tankstelle vor der Grenze” gibt. Es wird nicht die letzte “Tankstelle” sein, die uns heute unterkommt. Auf langen Geraden mit Asphalt und Schotter geht es zügig von Windpark zu Windpark zu Windpark zu… nun, der ständig steigende Energiehunger unserer Gesellschaft will gestillt werden.
Wir befinden uns hier in der nordwestlichsten Ecke der pannonischen Tiefebene und ihr warmes, trockenes Klima bringt eine besondere Flora im Trockenrasen hervor. Wir passieren Exemplare von Pracht-Königskerze (Verbascum speciosum), Sicheldolde (Falcaria vulgaris), Feld-Mannstreu (Eryngium campestre) und viele andere uns leider unbekannte Gewächse. Die Felder bringen hier die Standard-Getreidearten, aber auch Hirse, Soja, Sonnenblume, Mais, Färberdistel und Kürbis hervor. Rund um Halbturn vollzieht sich der Wechsel von Landwirtschaft zu Weinbau und auf Plakaten werden Pop-up Heuriger und Ab Hof Wein-Verkauf beworben.
In Halbturn bewundern wir das Barockschloss und verwöhnen unseren Gaumen mit kulinarischen Hochgenüssen aus der Küche des Knappenstöckls. So gestärkt findet MarkusG auf dem Weg nach Frauenkirchen seinen 100. Geocache, der ihm ein längeres Prozedere der Klettenentfernung einbringt. In Frauenkirchen bei der Basilika angekommen, staunen wir nicht schlecht über eine Messweintankstelle, die direkt vor der Basilika für müde Pilger*innen eingerichtet ist. Hier kann man aus vier verschiedenen, gekühlten Weinen wählen, mit Karte bezahlen, sich den vergorenen Traubensaft von der Zapfsäule in den Trinkbecher rinnen lassen und sich von den Strapazen des Pilger*innenalltags erholen, während man sich darüber Gedanken macht, was eigentlich mit Weihwasser in der Tube anzufangen ist.
Bestens gelabt und ausgeruht starten wir in den Sonntagmorgen. Die Wetterprognose ist durchwachsen und der Himmel schon getrübt. Am frisch verlegten und markierten Weg geht es zügig über den Radweg an der St. Martins Therme vorbei. Der Zicksee bei St. Andrä macht einen traurigen Eindruck – das flache Gewässer hat einen sehr niedrigen Wasserstand und die Wasserrutsche steht funktionslos und verschlossen da. Auch kein Ziesel lässt sich blicken.
Also geht es weiter zur Langen Lacke. Auf Hochständen kann man hier mit Fernglas und Riesenobjektiv ins ornithologische Universum eintauchen. Wir aber sind keine Eingeweihten und Vögel für uns nur elegante, gefiederte Gesell*innen mit sonderbaren Namen. Inzwischen treibt der Wind dicke Regenwolken in unsere Richtung und wir verweilen nur kurz bei einem der historischen Ziehbrunnen der Puszta. Ihre ursprüngliche Funktion – die Trinkwasserversorgung für vorbeiziehende Viehherden – haben sie längst verloren und ein hölzerner Bilderrahmen mit Burgenland-Werbung in unmittelbarer Nähe lässt wohl keinen Zweifel über die jetzige Aufgabe dieses Relikts aus vergangenen Tagen.
Schließlich werfen wir uns die Regenponchos über, denn der Himmel meint es gerade nicht gut mit uns. Doch noch vor Apetlon können wir die Regenhaut wieder ablegen und schnellen Schrittes Richtung Illmitz weitergehen. Hier in den Weingärten kann zur Zeit der Traubenreife ein schauriges Spektakel beobachtet werden. Hungrige Schwärme von vielen Hunderten Vögeln fallen in die Weingärten ein. Doch die köstlichen Trauben werden von dichten Netzen geschützt und so fliegt der Schwarm wieder davon und sammelt sich im nahen kleinen Wäldchen. Von dort ist ein Kreischen und Schreien, ein Brüllen und Grölen in schrillen Tönen zu hören. Gänsehaut. Hitchcock lässt grüßen!
In Illmitz steht nun eine Pause am Programm. Das Wetter ist stabil, es kommt sogar wieder die Sonne zum Vorschein und wir fühlen uns wieder frischer. Wir setzen unseren Weg Richtung Westen fort und durchqueren den östlichen Schilfgürtel des Neusiedler Sees. Wir genießen die Bootsfahrt zum gegenüberliegenden Ufer und freuen uns über den Umstand, dass die weiten Ebenen hinter uns und sanftes Hügelland vor uns liegen.
Wir lassen den Tag im Seebad Mörbisch ausklingen, schwimmen bzw. (Schlamm-)baden eine Runde und essen ein Eis. Ein feiner Sommertag geht zu Ende (den Regen haben wir schon ganz vergessen). Ein kurzer Spaziergang bringt uns nach Mörbisch, wo wir mit Bus und Zug die Heimreise antreten.
Der 100. Geocache soll ja einer sein, an den man sich erinnert. 😀 Sehr interessant zu lesen, und sehr traurig, dass derzeit keine Rutschpartien in den Zicksee möglich sind…