Indien. Mein Bild dieses Landes wurde die letzten zehn Jahre in erster Linie von Wes Andersons Film “The Darjeeling Limited” geprägt: sandige Wüsten, bunte Tempel, lebendige Städte und lange Zugfahrten in Zügen mit Waggons ganz unterschiedlicher Klassen. Und es hätte mich nicht überrascht, wenn es auch für die nächsten zehn Jahre meine einzigen Eindrücke geblieben wären. Doch oft kommt es anders als man denkt: so fand ich mich im August 2017 frühmorgens am Flughafen Graz mit einer Boardkarte in der Hand die ganz klar sagte: Markus fliegt nach Indien.

In dieser (in Zukunft) mehrteiligen Serie werde ich ein paar Eindrücke aus Indien mit euch teilen. Es war meine erste Reise nach Asien, meine erste Reise in ein Land, das nicht zum westlichen Kulturkreis gehört. Es war ein Abenteuer. (Artikel wird unten fortgesetzt.)

Die Planung

Nur ganz kurz zur Planung: so eine Reise gehört ordentlich geplant, und mit einer Vorlaufzeit von gerade mal zwei Monaten war ich ganz schön knapp dran. Als Österreicher kann man sich online ganz einfach ein “Indian e-Visa beantragen (kostet 50 USD, ist verpflichtend, und wurde bei mir innerhalb von einem Tag genehmigt). Außerdem sollte man sich bezüglich Schutzimpfungen beraten lassen, und je nach Impfstatus und geplanter Reise kann das Impfen recht teuer werden. Durch meine Tätigkeit im Rettungsdienst war ich bereits gegen Hepatitis geimpft (sicherheitshalber wurde eine Titerbestimmung gemacht) und musste nur Diphterie-Tetanus-Polio, Tollwut (drei Teilimpfungen) und Typhus impfen bzw auffrischen. Außerdem holte ich mir eine Cholera-Schluckimpfung (rezeptpflichtig) in der Apotheke, die neben Cholera auch gegen einige Reisedurchfallerreger schützt.

Gott sei Dank trat ich meine Reise nicht alleine an und wurde in Indien schon erwartet. Meine Begleitung reiste einen Monat vor mir an und hatte daher schon etwas Erfahrung und konnte mir Tipps geben, was unbedingt in meinen Rucksack muss (Klopapier!) und was daheim bleiben darf. Da Indien riesig ist und es unmöglich ist in drei Wochen alles zu sehen haben wir beschlossen, in erster Linie durch Rajasthan zu reisen. Zuhause bereitete ich mich mit dem Internet und The Rough Guide to India vor (extrem dick und hilfreich; den habe ich aber gekauft, bevor ich wusste, dass wir nur Rajasthan besuchen), nach Indien nahm ich den schlanken Lonely Planet für Rajasthan, Delhi & Agra mit. Zum Lonely Planet sei gesagt, dass er nicht mehr Informationen zu den drei Gebieten beinhaltet, als der Lonely Planet für ganz Indien, er ist also nicht als Ergänzung gedacht. Zum Zeitpunkt der Reise war er zwei Jahre alt und die angegebenen Preise (besonders Eintrittspreise) haben sich seither zum Teil verdoppelt. Wir planten unsere Reise ganz grob und buchten außer den Flügen und der ersten Unterkunft in Mumbai nichts. Die geplante Reiseroute hat sich auch mehrmals geändert. August/September ist nicht die Hauptsaison in Indien und es kann in Rajasthan und besonders in Mumbai noch sehr stark regnen. Aus diesem Grund hatten wir kein Problem wo ein freies Zimmer zu bekommen. Eine Reise zu dieser Jahreszeit kann aber auch gehörig nach hinten losgehen: kurz nachdem wir Mumbai Richtung Norden verlassen haben gab es dort derartig heftige Hochwasser, dass der Verkehr dort zum Erliegen kam.

Aber nun Schluss mit der langweiligen Theorie! Offene Fragen zur Planung beantworte ich natürlich gerne in den Kommentaren.

Mumbai: Westlicher wirds nimmer

Erster Halt: Mumbai. Mit der Lufthansa reiste ich via München an und landete spätabends im nächtlichen Mumbai. Schon beim Aussteigen aus dem Flugzeug durchdrang die feuchte Wärme meine Kleidung. Ich marschierte über Teppichböden durch den Flughafen, gab zehn Fingerabdrücke ab und holte meinen Rucksack wohlbehalten vom Gepäckband. In der Ankunftshalle sprangen sofort vier Männer in unterschiedlichen Wechselstuben auf und buhlten um meine Aufmerksamkeit(“Sir!”). Ich wechselte ein paar Euros und holte mir mit meinen ersten Rupien ein Prepaid-Taxi. Der Fahrer musste mit zwei weiteren Fahrern beraten wo denn nun das Backpacker Panda Appetite genau ist, war aber nicht erfolgreich, denn ich musste die Telefonnummer des Hostels in sein Handy eingeben. Nach kurzer telefonischer Rücksprache mit dem Hostel ging die Fahrt dann endlich mit lautem Gehupe los. Im Hostel empfing mich ein mürrischer Nachtwächter, der mir ein Zuckerl schenkte und mich bat, meinen Namen ins Gästebuch zu schreiben. Das klimatisierte Zimmer war leider so gut wie fensterlos, denn das Fenster war durch eine große Plane provisorisch “wasserdicht” gemacht worden, was aber nicht so gut funktionierte, da am nächsten Tag als der Monsun wieder tobte wieder Wasser ins Zimmer eindrang.

Mit Metro und Zug ging es am nächsten Tag nach South Mumbai. Das Benutzen der Metro war erst nach einer Sicherheitskontrolle wie am Flughafen möglich: wir wurden kontrolliert und auch unser Gepäck wurde durchleuchtet. Nach zwei Stationen mit der Metro erreichten wir Andheri wo wir uns am Bahnhof um zwei Zugtickets anstellten. Die Schlange war lang, immer wieder kamen bettelnde Kinder zu uns, und die Hitze wurde nur durch überdimensionale Ventilatoren einigermaßen erträglich. Im Zug gab es eine erste und zweite Klasse, wobei der einzige Unterschied zwischen den Klassen die Anzahl der Menschen im Abteil war. Die beliebtesten Plätze waren die beim Einstieg: es gab nämlich keine Türen, und so konnte man sich, wenn man einigermaßen mutig war, aus dem Zugabteil hängen lassen und den Fahrtwind genießen. Draußen zogen sattgrüne Landschaften, schlichte Wohn-Hochhäuser und Behausungen aus Wellblech und Kunststoffplanen vorbei. Unser Weg führte uns zum Gateway of India wo wir manchmal heimlich, aber meistens ganz offensichtlich von Indern fotografiert wurden. Dort höre ich auch zum ersten Mal die Phrase, die uns für den Rest unseres Aufenthalts begleiten sollte: “Selfie please?” Der Zugang zum Gateway of India war ebenfalls mit einer Sicherheitskontrolle versehen, und darin tummelten sich hunderte Touristen (die überwiegende Mehrheit davon Inder). Fotografen mit Fotodruckern boten Fotos mit dem Gateway of India an. Immer wieder regnete es leicht.

Nach einem Spaziergang durch Mumbai, wo breite, asphaltierte Straßen von riesigen Gebäuden europäischen Stils und Bäumen mit Lianen gesäumt werden fuhren wir mit dem Zug zurück Richtung Andheri und mit dem Tuk Tuk zum Hostel. Die Fahrt war Adrenalin pur! Laut hupend, ständig am Gas, selten auf der Bremse, bahnte sich unser Fahrer den Weg zu unserem Ziel. Wie wir diese Fahrt unbeschadet überleben konnten ist mir bis heute ein Rätsel…

Der nächste Tag begann für uns spät (ach diese Zeitverschiebung…) und führte uns wieder nach Mumbai, diesmal nach Grant Road. Diesmal war im Zug viel mehr los. Wir erwischten sowas wie ein “Güterabteil“, wo Kisten und Kübel mit Waren umherstanden, Leute schliefen, und es massiv nach Fisch roch. Einen großen Teil des Abteils nahmen große Strohballen ein. Als wir in den Zielbahnhof der Strohballen einfuhren begann die Frau der sie anscheinend gehörten die Ballen aus dem fahrenden Zug auf den Bahnsteig zu werfen. Als der Zug zum Stillstand kam wurden mit Hilfe der anderen Fahrgäste noch die restlichen drei Gebinde aus dem Zug geworfen, und bald ging die Fahrt weiter. In Grant Road kamen wir an einem temporär aufgebauten Ganesh-Tempel vorbei und kauften bei einem Straßenmarkt Obst für die Weiterreise nach Udaipur (natürlich nur schälbares Obst) bevor wir begleitet vom Gehupe etlicher Tuk Tuks zum Mani Bhavan, Ghandis Haus in Mumbai spazierten. Im Haus befindet sich eine empfehlenswerte Ausstellung mit etlichen Fotos, Briefen, Zeitungsausschnitten und auch einer Sammlung von Wachsfiguren die Szenen aus Ghandis Leben darstellen. Später besuchten wir das nahe gelegene Lokal “New Heroes”, das wohl wenige europäische Touristen sieht, dafür umso authentischer ist. Am Platz bekamen wir sofort zwei Gläser mit eiskaltem Wasser serviert, dass wir aber zur Sicherheit stehen ließen und stattdessen Fresh Lime Soda (mein absolutes Lieblingsgetränk in Indien!) bestellten. Es war schon ein besonderer Nervenkitzel zum ersten Mal in einem echten indischen Lokal zu essen. Aber unsere scharfen Paneer-Gerichte mit Naan waren lecker, und wie die nächsten Tage zeigten für meine Verdauung keine Herausforderung.

Mit einem Uber-Taxi ging es dann zur Bushaltestelle von wo wir mit einem Nachtbus nach Udaipur aufbrachen…

By Markus

A photo enthusiast since he can remember, Markus loves travelling and taking photos with his Lomo Fisheye camera. When he hasn't got his finger on the trigger of a camera he is a software developer.

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