28.6.-5.7.2025

Einige der 70 Füße unterwegs…

Der vollgepackte Muki ächzt unter der Last der 5 Pflanzenenthusiastinnen und windet sich tapfer die Kurven hinauf in das Hochtal der Steirischen Krakau, genauer gesagt nach Krakauhintermühlen. Auf etwa 1.300m Seehöhe verbringen wir mit etwa 30 anderen Florabegeisterten nun eine Woche voller Blüten, Früchten, Blätter, Stängeln und Wurzeln. Exkursionsleiter Hannes heißt uns willkommen in der „steirischen Kern-Einöde“ – Touristen kommen uns nur selten unter, der einzige Bankomat ist gut 10 Autominuten entfernt und Kartenzahlung ist ein Fremdwort hier, was vor allem jüngere Teilnehmende in den nächsten Tagen vor gewisse Schwierigkeiten stellen wird.

Das Hochtal befindet sich auf der Südseite der Schladminger Tauern und das überwiegende Gestein ist der Glimmerschiefer, vereinzelt soll es auch kleine „Kalkinseln“ geben, die von uns allerdings nicht gefunden werden. Dementsprechend treffen wir vor allem auf Pflanzen, die auf silikatreichen Böden gut gedeihen. Die Gegend ist ungewöhnlich seenreich – ein Umstand, den es bei den herrschenden hochsommerlichen Temperaturen zu schätzen gilt.

Alle Jahre wieder veranstaltet die Universität Wien eine sogenannte Pharmakobotanische Exkursionswoche unter der wissenschaftlichen Leitung von Univ.-Prof. i.R. Johannes Saukel. Mit von der Partie sind Univ.-Prof. Sabine Glasl-Tazreiter, Expertin für die phytochemischen Aspekte der Arzneipflanzen, und David Prehsler vom Botanischen Garten Wien, Spezialist für Gräser und Bestäubungsmechanismen. Das engagierte und motivierte Trio entführt die Teilnehmenden kenntnisreich und humorvoll in die Welt der angewandten Botanik – kein Pflänzchen noch so klein bleibt unbesprochen.

Unsere Tageswanderungen führen uns heuer in die nähere und fernere Umgebung vom Hotel Stigenwirth, wo wir tagtäglich das Frühstücksbüffet für ein Lunchpaket plündern und schon bald von den übrigen Hotelgästen mit Argwohn beäugt werden. Mal geht es weglos durch die Almmatten, mal auf breiten Forstwegen dahin, oder auf einem Kuhsteig hoch hinauf. Stets gibt es irgendwo einen schönen, klaren Bergsee zum Abtauchen oder Kneippen. Hochmotiviert nehmen wir die blühenden und nicht-blühenden Gewächse dieser Region unter die botanische Lupe und lauschen den erläuternden Worten unserer begleitenden Fachleute Hannes, Sabine und David.

Die Niederen Tauern zeigen sich von ihrer besten Sonnenseite, nur ein einziges Mal trifft uns das Nass von oben. Wir genießen die Ausblicke am Hubenbauertörl und am Rantentörl – der salzburgerische Lungau ist ganz nah! Sogar der Zentralalpenweg kreuzt ein paar Mal unseren Pfad. Wir finden den „kürzesten Weg zum Bier“ und landen auf der Rudolf-Schober-Hütte, wo es nicht nur den versprochenen gehopften Gerstensaft, sondern auch 1A-Buchteln gibt. Wir suchen dringend notwendige Abkühlung im Sprühregen des Günster Wasserfalls und graben nach den unterirdischen Teilen von Meister- und Rosenwurz, die wenig später gesäubert und geschnitten im hochprozentigen Alkohol landen.

Abends wird noch fleißig nachbereitet. So manches Kraut braucht noch einen Artnamen und so muss die „Flora“ her – ein dicker Wälzer mit detailliertem Bestimmungsschlüssel und ein wahrer Alptraum, nicht nur für unsere Novizen! Die Neigungsgruppe „grün & schiach“ beschäftigt sich mit dem Universum der Gräser und wird von Davids Faszination für diese besondere Pflanzengruppe regelrecht angesteckt.

Und dann passiert, was pro Exkursionswoche meist nur einmal auftritt: ein seltener Fund wird gemacht. David bringt ein Moschuskraut (Adoxa moschatellina) und Hannes ist ganz aus dem Häuschen. In 20 Exkursionsjahren ist dies erst das zweite gefundene Exemplar. Wir staunen nicht schlecht über das unscheinbare, zarte Pflänzchen, das einen solchen Wirbel verursacht.

Die Tage fliegen viel zu schnell dahin und im Nu ist die Woche vorbei. Es werden die Koffer und Rucksäcke gepackt, freundliche Worte des Abschieds wechseln zwischen den Teilnehmenden und die Autos warten schwer beladen auf die Abfahrt. Nicht nur die Lupe freut sich schon aufs nächste Jahr!

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